Advent – Zeit der Erwartung

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
der Advent ist die Zeit der Erwartung. Wir warten auf das Kommen des Herrn – an Weihnachten, am Ende unserer Tage und am Ende der Zeit. Das bekannte Adventslied „O Heiland, reiß die Himmel auf“ bringt diese Erwartung mit eindringlichen Worten zum Ausdruck. Gott soll den Himmel nicht öffnen, sondern aufreißen, er soll nicht herabkommen, sondern herab-laufen. Das Lied stammt aus der Feder des Dichters Friedrich Spee. Er hat sich inspirieren lassen von einem Vers aus dem Buch Jesaja (Jes 63,19). Dort heißt es: „Reiß doch den Himmel auf und komm herab!“ Mit dieser flehentlichen Bitte brachte der Prophet Jesaja im 8. Jhdt. v. Chr. die Not des im Exil lebenden Volkes Israel und seine Sehnsucht nach Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden vor Gott. Auf ihm ruhten alle Hoffnungen. Ihm allein trauten die Menschen zu, dass er ihre Not wenden könne. Er sollte seine Macht zeigen, den Himmel aufreißen und kommen, um sich seines Volkes anzunehmen.

Hunderte von Jahren später hat Friedrich Spee in der Not seiner Zeit die Worte des Propheten Jesaja aufgegriffen. Der Kirchen-lieddichter, Jesuitenpater und Priester lebte von 1591 bis 1635. Er erlebte nicht nur Hunger und Elend des 30-jährigen Krieges, sondern auch den Wahnsinn der Hexenverfolgungen. Friedrich Spee verschloss vor dem Leid nicht die Augen. Er setzte sich ein für die Schwachen und Außenseiter und prangerte Folter und Hexenprozesse an. Als er im Kriegsgebiet von Trier Kranke und Verletzte pflegte, steckte er sich mit einer Seuche an und starb im Alter von 44 Jahren.

advent-258943_1920sWo bleibst du? So fragten die Gläubigen des Alten Bundes mit Blick auf den verheißenen Messias. Wo bleibst du? So fragt auch Friedrich Spee in seinem Lied. Es ist gekennzeichnet von der drängenden Bitte und sehnsuchtsvoller Erwartung. Der Dichter hat sich vom Leid und von der Ungerechtigkeit seiner Zeit anrühren lassen. Er wollte sich nicht damit abfinden, wie die Dinge waren und hat von seinem Gott noch etwas erwartet. Darin liegt auch eine Anfrage an uns.

Was erwarten wir vom Leben, von Gott? Was ist uns so wichtig, dass es uns in unserem Innersten berührt? Gibt es in unserem Leben, in unserer Welt etwas, das uns dazu drängt zu rufen: O Heiland, reiß die Himmel auf?

Der Advent will mehr sein als eine beschauliche Einstimmung auf Weihnachten. Die Verse Friedrich Spees rufen dazu auf, uns in den Unzulänglichkeiten unserer Welt und unseres Lebens an Gott zu wenden und ihn um seinen Beistand anzuflehen. Sein guter Geist möge uns helfen zu erkennen, wie und wo es zu handeln gilt, damit bei uns und unseren Mitmenschen Heil wachsen kann.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott hat uns sein Kommen, seine Stärkung, seinen Segen zugesagt. Darauf dürfen wir vertrauen und an Weihnachten voll Freude das Fest seiner Ankunft feiern.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben einen erwartungsvollen Advent, ein frohes Weihnachtsfest und ein segensreiches neues Jahr 2016.

Ihr Administrator
Mijo Blazanovic, Pfarrer

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