Bettler und St. Martin gehen in Ruhestand

Sankt Martinsumzug rund um die Vaterunserkirche in Willsbach/Sülzbach

Kann auch ein Bettler in Ruhestand gehen? Er kann. Seit 26 Jahren spielt Alfred Selg beim alljährlichen Martinsumzug  den Bettler zusammen mit seinem Polizeikollegen Gerfried Blümel. Der macht den Job, den Heiligen Martin hoch zu Ross, schon 30 Jahre. Die beiden Polizeihauptkommissare sind also schon eine ganze Generation in Sachen Bettler und St. Martin unterwegs. Das Frieren auf Kommando und Mantelteilen ist den beiden schon in Fleisch und Blut übergegangen. Zu ihnen gesellt sich ein weiterer Polizeihauptkommissar, Hans Ott, der Mann mit der Trompete, der alljährlich den Martinsumzug musikalisch umrahmt. Nur das brave Pferd hat gewechselt. Nach wie vor wird es noch von Inge und Werner Ströbel vom Reit- und Fahrverein Wieslensdorf gestellt. Dieses Jahr ist es wieder die brave Stute Max, ein gutmütiger „Schwarzwälder Fuchs“. Max kennt das ganze schon und wird auch dieses Jahr wieder von Sabine Schmelzle geführt. In einem großen Rund stehen die mit ihren Eltern, Großeltern und Freunden um den großen Hof der Vaterunserkirche in Willsbach in froher Erwartung. Die beiden Geschwister Helene und Marie halten stolz ihre selbstgebastelten Laternen und warten jetzt auf „Ross und Reiter“. Sie kennen den Martinsritt schon vom Vorjahr. Rund 200 Personen sind dieses Jahr gekommen. Am Vormittag noch Regen. Pünktlich zum Martinsumzug hat der Regen aufgehört. „In den ganzen 30 Jahren hat es am Martinsumzug nicht geregnet“, stellt St. Martin, Gerfried Blümel fest, zieht seinen roten Umhang fest und steigt aufs Pferd. Derweil steht der vor Kälte schlotternde Bettler, Alfred Selg schon auf dem Platz und wartet. Die Kleinen sind mit ihren bunten Laternen gekommen, darunter auch der Kinder vom Kindergarten der Vaterunserkirche. Hans Ott spielt zum Auftakt das Lied „Erfüllet mit Schalle“. Selg spielt nicht nur den frierenden Bettler, er friert wirklich in seinen leichten Lumpen. Zunächst hat der römische Offizier hoch zu Ross nur einen wärmenden Schluck für den armen Schlucker da unten. Dann die Schlüsselszene. Der Offizier hat ein Herz und teilt seinen Mantel mit ihm. „Ich spüre die Kälte nicht mehr. Eure Nächstenliebe überwindet meine  Not. Ihr habt mein Leben gerettet“, bedankt sich der Bettler bei St. Martin. Diese warmherzige Geste verstehen auch die Kinder. Mit anderen Menschen, die in Not und Armut leben, teilen. Nach der Mantelteilung begibt sich der lange Tross mit Laternen auf den Umzug rund um die Vaterunserkirche. Auf dem Kirchplatz prasselt inzwischen ein wärmendes Feuer und es duftet nach Punsch, Glühwein und Würsten von den Kindergarteneltern und der KAB. Nach einem gemeinsamen abschließenden Gebet folgt der kulinarische Teil. Drei Jahrzehnte Bettler und St. Martin, dafür dankt Pfarrvikar Dr. Kenneth besonders. Und dafür gibt’s auch einen Sonderapplaus, der genau so für den treuen Trompeter und das Ehepaar Ströbel gilt. Bettler und St. Martin erscheinen zum Schluss nochmals bei den Kindern und verteilen leckere aus Hefeteig gebackene Martinsgänse. F/T: hlö

DSC_0008

Kommentare sind geschlossen.