„… und das Wasser teilte sich“
Darf man einen Gottesdienst als einen großen Erfolg bezeichnen? Man darf. Die überwältigende Zahl der Besucher spiegelt allein schon diese Resonanz wider, an diesem besonderen Gottesdienst im Grünen, oberhalb des Breitenauer Sees.
Die Organisatoren haben vorgesorgt. Bänke und Stühle gruppieren sich coronakonform in einem weiten Rund um den Altar. Der Posaunenchor Willsbach-Neulautern unter der Leitung von Tobias Frey beginnt mit dem Präludium „Liebster Jesu, wir sind hier“. Die Gemeindeleiterin Bärbel Bloching von der katholischen Kirchengemeinde St. Johann Baptist ist „schlichtweg begeistert über die Vielzahl der Besucher an diesem schönen Fleckchen Erde, wenngleich es jetzt auch gar keinen See mehr gibt“. „Es ist ein wenig wie bei der Bergpredigt bei Jesus“, meint ein Gottesdienstbesucher. Die aufgestellten Bänke und Stühle reichen nicht aus und so lagern sich die Besucher rund um das Gelände auf dem Rasen. Der Gottesdienst steht unter dem Leitwort „… und das Wasser teilte sich“, einem Leitwort, das gerade jetzt mit der gegenwärtigen Hochwasserkatastrophe mehr als deutlich wird. „Wir wollen auch die Menschen, die durch die Flutkatastrophe betroffen sind, hineinnehmen in unseren Gottesdienst“, hebt Bärbel Bloching besonders hervor. Ein Lied, wie es besser nicht passen könnte an diesem Sommertag: „Geh aus mein Herz und suche Freud“ von Paul Gerhard, intoniert vom Posaunenchor. Lieder mit starken, ausdrucksvollen Texten, von der Band der Lifepont-Kirche unter der Leitung von Charly Kerschbaum, wie „Wir sind eins“, „Herr, wohin sonst“ oder „Der Herr segne dich“. Barbara Weber-Weiß hat mit einer Gruppe von Kindern das Leitthema des ökumenischen Gottesdienstes einstudiert, den Auszug der Israeliten aus Ägypten. Ein Schmunzeln geht durch Besucher, als die Kinder aus Ägypten ausziehen, allen voran Moses mit dem Wanderstab, auf der Flucht vor dem sie verfolgenden Heer des Pharao.
„Einmal so richtig durchschnaufen, an so einem herrlichen Sonntag, aber auch innehalten, den eigenen Standort bestimmen und vorausschauen“, will Pfarrer Dr. Rouven Genz in seiner Predigt. Auf Kärtchen haben die Gottesdienstbesucher zuvor „ihren Standort bestimmt, ihre Gedanken, ihre Eindrücke und Wünsche festgehalten“. Die Vorsitzende des Sülzbacher Kirchengemeinderates Heidi Zierhut liest sie vor, diese Gedanken: „Tausend Dank für alle Bewahrung und seine Nähe, die ich spüren darf”. Etliche Gedanken gelten der Corona-Pandemie, wie der Dank auch für die überstandene Krise und der Wunsch, gesund zu bleiben. „Mir hat Angst gemacht, die Ungeduld mancher Menschen und ich freue mich jetzt auf herzliche Umarmungen, ohne zu fragen, darf ich“. Aber auch Gedanken über durchgemachtes Leid, oder die fehlenden Kontakte in dieser schwierigen Zeit. Vor allem Vertrauen wird auf den Zetteln zum Ausdruck gebracht, „das Vertrauen in Gott, in seine Allmacht und Führung. Er hat die Führung und sein Wille wird in Allem geschehen“.
Ein Blick nach vorne auch vom neuen Obersulmer Bürgermeister Björn Steinbach, der mit seiner Familie zum Ökumenischen Gottesdienst gekommen ist. „Ich freue mich auf die neuen Aufgaben, die mich erwarten und die Menschen, die ich dabei kennenlernen darf“. Pfarrer Dr. Rouven Genz greift das Vorspiel der Kinder, den Auszug aus Ägypten, die Flucht vor dem Heer des Pharao und die Bewahrung der Israelis durch einen starken Gott, in seiner Predigt auf. „Nicht in alte Verhaltensmuster zurückfallen, sondern sich von Gott herausführen lassen, aus der Klemme führen lassen, in die Freiheit. Und ich sag’s ihnen ganz persönlich, Ich möchte nicht ohne den Glauben an diesen Gott in die Zukunft schauen“. (hlö)