Priesterweihe

Das Sakrament der Weihe

„Sind Sie jetzt eigentlich Pfarrer oder Priester?“, so werde ich ab und an gefragt. Meine Antwort: „Beides! ‘Pfarrer’ ist meine derzeitige Funktion, in der ich meinen priesterlichen Dienst ausübe – nämlich als Leiter der Kirchengemeinde. ‘Priester’ bezieht sich auf das Amt, das ich durch das Weihesakrament empfangen habe“. Oft ist dann erst recht die Verwirrung komplett und ich muss weiter ausholen, um verständlich zu machen, wie es sich in unserer Kirche mit dem Amtsverständnis und dem Sakrament der Weihe verhält. Das Weihesakrament ist ein dreistufiges Sakrament. Die erste Stufe ist die Diakonenweihe, die zweite die Priesterweihe und die dritte die Bischofsweihe. In der Bischofsweihe wird die ganze Fülle des Weihesakramentes übertragen, so dass allein Bischöfe das Weihesakrament spenden dürfen. Im Folgenden beschränke ich mich in meinen Ausführungen auf die Priesterweihe.

An einen Priester bzw. Pfarrer werden viele Erwartungen gestellt. Er soll ein guter Seelsorger sein, der auf die Menschen zugehen kann, der ihre Nöte und Sorgen versteht, der Zeit hat für die Menschen, der ihnen zuhört. Er muss freundlich und kooperativ sein. Er sollte auf die Bedürfnisse der Gemeinde eingehen. Andere erwarten von einem Priester, dass er ein guter Organisator, Leiter und Manager ist. Viele erwarten, dass er es versteht, die Liturgie ansprechend zu gestalten. Er sollte auch die Gabe haben, die verschiedensten Gruppen in einer Gemeinde anzusprechen, die Alten genauso wie die Jungen. Er sollte außerdem gut predigen können. Die Liste der Erwartungen ist lang und ließe sich beliebig fortsetzen.
Was zeichnet aber einen Priester bzw. das Priesteramt im Kern aus? Nach Lehre der Kirche schenkt das Sakrament der Priesterweihe eine besondere Teilhabe am Amt Jesu Christi, des einen und einzigen Hohenpriesters und des einen Mittlers zwischen Gott und den Menschen (vgl. 1 Tim 2,5). Der Geweihte wird befähigt im Vollzug seiner Sendung „in der Person Christi“, des Hauptes der Kirche, zu handeln. Er hat besonderen Anteil am Priester-, Propheten- und Hirtenamt Jesu Christi. Somit hat der Priester einen dreifachen Dienst: Er ist ausgesandt zur Verkündigung des Evangeliums, zur Spendung der Sakramente und zur Leitung der ihm anvertrauten Gemeinde oder Gemeinschaft. Er vollzieht diesen Dienst nicht aus sich selbst, sondern er ist dazu berufen und ausgesandt. So wie Jesus aus der großen Zahl seiner Jünger Zwölf in seine besondere Nachfolge gerufen hat und sie dann in die Welt ausgesandt hat, um das Evangelium zu verkünden (er hat sie deshalb auch Apostel, d. h. „Abgesandte, Bevollmächtige“ genannt), so ruft er auch heute noch Menschen in einen besonderen Heilsdienst. Von Gott zum Priester berufen zu sein, ist allerdings keine besondere Auszeichnung. Gott beruft keine „Hochwürden“, sondern er würdigt schwache, menschliche Menschen für seinen Dienst. Die Heilige Schrift berichtet uns auch sehr offen von der Schwerfälligkeit, der Wankelmütigkeit und der Treulosigkeit der zwölf Apostel. So ist es umso wichtiger, dass Jesus ihnen seinen Beistand verspricht, seinen Heiligen Geist. Es ist ebenso die Kraft dieses Geistes, die das Weihesakrament dem Priester zur Ausübung seiner Sendung schenkt. Denn nur aus einer besonderen Gemeinschaft und Freundschaft mit Jesus Christus können Priester in der Kirche ihren Dienst in guter und fruchtbarer Weise erfüllen, können sie Zeugen des Glaubens sein.

Die Priesterweihe spendet der Bischof durch das Weihegebet und die Handauflegung, einer bereits in der frühen Kirche gebräuchlichen Geste für die Herabrufung des Heiligen Geistes und die Übertragung eines Amtes. Danach folgen noch weitere ausdeutende Zeichen. Dem Neupriester werden die priesterlichen Gewänder angelegt. Seine Hände werden mit Chrisam gesalbt, was noch einmal ein Zeichen für die Geistsendung und des göttlichen Auftrags zum Heilsdienst an den Menschen ist. Schließlich werden dem Priester Brot und Wein überreicht. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Priester aus der Kraft der Eucharistie leben und sein Leben an ihrem Geheimnis ausrichten soll. Betont wird dabei, dass es die Gaben des Volkes sind, die ihm zur Feier des Messopfers übergeben werden. Denn der priesterliche Dienst ist für das Volk Gottes da, nicht für sich selbst. (Bereits bei der Diakonenweihe wurde das Evangelienbuch übergeben als Zeichen dafür, dass der Amtsträger das Evangelium in Wort und Tat verkünden soll.) Mit dem Friedenswunsch umarmt der Bischof dann den neugeweihten Priester. Damit kommt zum Ausdruck, dass der Priester im mitbrüderlichen Verhältnis Mitarbeiter des Bischofs sein soll, dem er bereits vor der Weihe Ehrfurcht und Gehorsam gelobt hat.

Das Sakrament der Priesterweihe wird nur wenigen Menschen gespendet und leider können es bisher nur unverheiratete Männer empfangen. Das II. Vatikanum hat aber betont, dass alle Getauften und Gefirmten Anteil am gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen haben. D. h. alle sind dazu berufen, sich mit Christus zu verbinden und gemäß seinem Beispiel mit Gottes Hilfe zum Heil der Menschen zu leben. Wozu braucht die Kirche dann ein besonderes Priestertum, das kraft der Weihe verliehen wird? Sie braucht es, damit es ihr immer wieder bewusst wird, dass sie nicht aus sich selbst und nicht für sich selbst lebt. Weil die Kirche nicht sich selbst zu verkündigen hat, sondern das ihr vorgegebene und sie immer auch in Frage stellende Gotteswort, braucht sie das Amt des Verkündigers, welcher der Gemeinde gegenübertritt und in der Ausübung dieses Dienstes Christus repräsentiert. Der Priester lebt zwar mit und in der Gemeinde, soll ihr aber auch gleichzeitig gegenüber treten, sie immer wieder auf Gott und seine Botschaft hin öffnen. Und er soll der Gemeinschaft dienen, indem er zusammenführt, inspiriert, Fähigkeiten weckt. So leistet er den Dienst an der Einheit.

Der Priester steht also selbst in einem Spannungsfeld zwischen mitten drin und gegenüber, was nicht immer einfach ist. Diese Spannung ist wohl nur dann auszuhalten, wenn man als Priester aus der Beziehung zu Jesus Christus zu leben versucht und darauf vertraut, dass man nicht selbst alles leisten muss, sondern dass das Eigentliche Gott tut. Nicht der Priester führt die Menschen zum Heil, sondern allein Gott aus lauter Gnade und Liebe. Wenn ich durch mein Wirken als Priester Menschen dabei helfen kann, Gottes liebende und heilende Gegenwart in ihrem Leben erfahren zu können, dann ist es genug.

Gott,
Du hast mich in Deinen Dienst genommen

So lass mich Klammer sein
die alles zusammenhält
Ein Zündholz, das die Liebe entfacht

Lass mich Dach sein
unter dem alle zu Hause sind
Ein Haus, das offen steht

Lass mich Wegweiser sein
der auf Dich zeigt
Treibstoff, der in Bewegung hält
Lass mich leben mit Dir und in Dir
mit und in Deinem Volk
Anton Rotzetter

Kommentare sind geschlossen.